Rechtsanwalt Jörg Haas
Rechtsanwalt Jörg Haas

Abmahnung wegen filesharing

Viele Inhaber eines Internetanschlusses erhalten derzeit anwaltliche Abmahnschreiben wegen angeblich von ihnen begangener Urheberrechtsverletzungen. In der Regel wird behauptet, dass von ihrem Anschluss Film-, Musik-, und/oder Spieledateien über sogenannte Tauschbörsen (z.B. eMule, eDonkey, BitTorrent, Rapidshare, Azureus) heruntergeladen (Download) oder zugänglich gemacht (Upload) worden seien. Die Nutzung solcher Filesharing-Tauschbörsen ist tatsächlich illegal, denn urheberrechtlich geschütztes Material darf ohne Erlaubnis des Urhebers nicht getauscht und insbesondere weder zum Upload bereitgestellt noch downgeloadet werden.

 

Allerdings endet hier die Rechtssicherheit für alle Beteiligte. Die für die Rechteinhaber einschlägigen Recherche-Dienste, die die Tauschbörsennutzung nachweisen, dokumentieren nur eine bestimmte Zeit, eine IP-Adresse und ggf. Anzahl und Art der angebotenen Dateien, oftmals auch einen Hash-Wert, der die Authentizität der Datei belegen soll. Über einen Strafantrag oder einem zivilrechtlichen Auskunftsantrag wird dann der Telefonanschlussinhaber oder Inhaber eines DSL-Internetanschlusses in Erfahrung gebracht. So erhalten aufgrund dieser Vorgehensweise jedoch oftmals auch Anschlussinhaber eine Abmahnung, die selber noch nie eine Internettauschbörse genutzt haben. Aus der Beratungspraxis heraus ist festzustellen, dass es oftmals Kinder oder Jugendliche sind, die die behauptete Urheberrechtsverletzungen tatsächlich begangen haben. Aber es kann sich auch um Mitbewohner in einer Wohngemeinschaft handeln oder bei frei zugänglicher WLAN Nutzung durch Dritte erfolgt sein.

 

In all den vorgenannten Fallgestaltungen stellt sich die Frage der Haftung. Die Rechtsprechung ist vielfach uneinheitlich. In den meist vielseitigen Abmahnschreiben wird oftmals eine Vielzahl von Gerichtsentscheidungen auszugsweise abgedruckt. Die Auszüge geben nicht selten ein verzerrtes Bild des Urteils wieder, da sie aus dem Zusammenhang gerissen werden und die Besonderheiten des abgeurteilten Falles kaum wieder geben. Überholte und neuere Rechtsprechung wird, wenn sie zuungunsten der Abmahner ergangen ist, erst gar nicht erwähnt. Nicht selten wird auch bewusst Falsches behauptet. Sinn und Zweck der Abmahnschreiben ist lediglich, durch oftmals stark überzogene Streitwerte Druck und Angst vor hohen Schadensersatzzahlungen und Rechtsanwaltskosten zu erzeugen, um so dass angeblich "günstige" Angebot zur Erledigung der Angelegenheit anzunehmen.

 

Ein Anschlussinhaber, dem die eigenhändige Teilnahme am Filesharing nicht nachgewiesen werden kann, haftet in der Regel allenfalls als sogenannter "Störer". Wenn allerdings die IP-Adresse zweifelsfrei seinem Anschluss zugeordnet werden kann, dann muss nach derzeitiger Rechtsprechung der Anschlussinhaber beweisen, dass eine eigenhändige Teilnahme am Filesharing ausgeschlossen ist. Als nur "Störer" muss der Anschlussinhaber keinen Schadensersatz im Wege der Lizenzanalogie für die zum Upload bereit gestellten Dateien zahlen. Solchen Schadensersatz muss allenfalls zahlen, wer schuldhaft urheberrechtlich geschützte Dateien heruntergeladen und/oder zum Upload bereit gestellt hat. Bei Nutzung des Anschlusses durch andere (Kinder, Jugendliche, Ehepartner, Lebensgefährte, Mitbewohner, etc) stellt sich aber auch das Problem, ob der Anschlussinhaber sich das womöglich schuldhafte Verhalten dieser Personen zurechnen lassen muss oder gerade bei Kindern seiner Aufsichtspflicht schuldhaft nicht nachgekommen ist. Der nur "Störer" kann hingegen höchstens auf Unterlassung künftiger Störungen und Ersatz der nachweisbar entstandenen, angemessenen Anwaltskosten in Anspruch genommen werden.

 

Den Abmahnschreiben ist eine meist sehr weit gefasste Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung beigefügt. Die Frist zur Abgabe der Erklärungen ist ebenfalls oftmals sehr sehr kurz gesetzt, verbunden mit der Androhung bei Nichtabgabe der geforderten Erklärungen unverzüglich eine einstweilige Verfügung zu beantragen. Das Abmahnschreiben einfach zu ignorieren, auch wenn man der Auffassung ist, nichts Verbotenes getan zu haben, ist absolut falsch. Die Abmahn-Rechtsanwälte werden in diesem Fall eine einstweilige Verfügung beantragen und meist für ihre Mandantschaft auch zugesprochen bekommen. Die dadurch entstehenden Kosten für den Abgemahnten sind dann meist sehr hoch. Aber auch die leichtfertige Abgabe der durch die Abmahn-Anwälte beigefügten geforderten Erklärungen kann nicht angeraten werden.Die beigefügten Erklärungen sind vielfach zu weit gefasst, was zu erheblichen Rechtsnachteilen führen kann. Es ist daher dringend zu empfehlen vor Abgabe der geforderten Erklärungen sich anwaltlich beraten zu lassen und anschließend auf den konkreten Einzelfall abgestimmte modifizierte Erklärungen abzugeben. Eine der vielfach von den Abmahn-Anwälten verbreitete Falschinformation ist, dass nur die beigefügten Erklärungen akzeptiert werden können. DIES IST FALSCH!

 

Den Abgemahnten muss aber leider auch gesagt werden, dass Rechtsschutzversicherungen in aller Regel keine Kosten für ein anwaltliches Tätigwerden wegen filesharing-Abmahnungen übernehmen.

 

Eine anwaltliche Beratung vor der Abgabe der geforderten Erklärungen ist aber trotzdem dringend anzuraten.

Druckversion | Sitemap
© Rechtsanwalt Jörg Haas